Montag, 4. Februar 2013

Weltwärtsbericht Nr.2

Hallo meine lieben Leser, ich poste euch einmal meinen zweiten Weltwärtsbericht, den ich nach 6 Monaten meines Aufenthalts, hier in Dar es Salaam, schreiben muss. Viel Spaß beim Lesen. Eure Paula

Weltwärtsbericht Nr. 2 
06.11.2012 – 06.02.2013

Ich schreibe meinen zweiten Weltwärtsbericht. Was bedeutet das? Ich lebe nun schon ein halbes Jahr in Tansania, Dar es Salaam. Eine Erkenntnis, die mir erst wieder ins Gedächtnis gerufen wird, als ich anfange, diesen Bericht zu schreiben. Was schließe ich daraus? Die Zeit rennt nur so dahin und das vorerst so unendlich lang erscheinende Freiwilligenjahr geht schneller vorbei als man es für möglich hält.
Wenn ich mir nun meinen ersten Weltwärtsbericht durchlese, merke ich erst, wie viel sich in den letzten drei Monaten hier, bezüglich meiner Arbeit aber auch meiner Freizeit, verändert hat.

In meiner Arbeitsstelle dem „Talent Search and Empowerment“ gibt es viel zu tun. Wir planen im Moment mit dem Hamburger Theaterregisseur Michael Leye ein gemeinsames Austausch- und Theaterprogramm. Michael Leye wird im März für drei Wochen Dar es Salaam besuchen um sein Theaterkonzept „Zu Hause“ im TSE, sowie in der Kunst- und Kulturszene Dar es Salaams, vorzustellen. In dem Konzept soll es hauptsächlich um die Frage gehen wo,wann und warum sich Jugendliche zu Hause fühlen. Nachdem die Theaterlehrerin Aisha und ich das Thema den Kindern des TSE vorgestellt haben, sollen wir nun bis März anfangen, diese Fragen mit den Jugendlichen zusammen zu beantworten. Nachdem Michael Leye im März für drei Wochen hier war und erste Ideen gesammelt wurden, wird er im August wiederkommen und das Projekt hier vor Ort fertig stellen, sodass die Kinder dieses dann in ansässigen Institutionen wie zum Beispiel dem „Goethe Institut“ in Dar es Salaam vorführen können. Im Oktober hätten dann fünf bis sieben Kinder des TSE die Chance nach Hamburg zu reisen, um das Theaterstück zusammen mit Hamburger Jugendlichen, die sich mit dem gleichen Thema beschäftigt haben,nochmals aufzuführen. Die Finanzierung des Projektes ist größtenteils schon bewerkstelligt und ich hoffe nun wirklich,dass alles wie nach Plan verläuft.Somit könnte ich meinen Wunsch, die Theaterarbeit des TSE weiter voran zu treiben mit dieser Idee verbinden.
Außerdem besteht ein weiterer Kontakt mit dem Hamburger „Jugendclub Burgwedel“. Ich kümmere mich seit mehreren Monaten um den Briefkontakt zwischen den Jugendlichen hier in Dar es Salaam und den Mitgliedern des Jugendclubs in Hamburg. Um Weihnachten herum haben wir Post aus Hamburg bekommen, die ich dann für die Kinder des TSE übersetzt habe. Bald werden wir antworten. Das geplante Theaterprojekt mit dem „Jugendclub Burgwedel“ ist jedoch, auch in Erwartung auf das Projekt Michael Leyes, erst einmal in weitere Ferne gerückt und der Kontakt besteht alleine aus einer losen Brieffreundschaft zwischen den Kindern und Jugendlichen.

Außerdem bin ich mit der Entwicklung meine Englischunterrichts sehr zufrieden. Ich unterrichte nun auch in Einzelstunden und habe eine Schülerin, die fünf Vormittage die Woche, eine Stunde mit mir zusammen Englisch lernt. Außerdem unterrichte ich weiterhin die Schüler des TSE nachmittags in größeren Gruppen. Wir haben nun das „simple present“ abgeschlossen und es sind einige Erfolge zu verzeichnen. Viele Schüler haben wirklich etwas aus meinem Unterricht mitgenommen, was mich motiviert, weiter zu machen, auch wenn es immer mal wieder Nachmittage gibt an denen nur sehr wenige Schüler da sind. Ich möchte jedoch nicht nur Grammatik und Satzbau beibringen, was natürlich trotzdem ein wichtiger Bestandteil ist um eine Sprache zu lernen, sondern habe mir vorgenommen meinen Unterricht noch mehr aufzulockern. So habe ich angefangen mit den Schülern Kurzgeschichten zu lesen und plane nun ein kleines Theaterstück auf Englisch.

Ein weiterer Teil meiner Arbeit im TSE besteht immer noch aus organisatorischen Aufgaben. Ich erledige Büroarbeiten, übersetze die monatlichen Berichte der Lehrer von Kiswahili auf Englisch und schicke sie nach Deutschland weiter. Ich führe Buch über Einnahmen und Ausgaben des TSE, halte das Office sauber und kümmere mich um die Verwaltung der Spendengelder des „Dogo Dogo Centers“. Das Center hat dem TSE Ende Oktober 800.000 Tsh zur Verfügung gestellt. Ich bin dafür zuständig das Geld aufzuteilen, die Belege für ausgegebenes Geld einzusammeln und diese schließlich zum Büro des „Dogo Dogo Centers“ zurückzubringen. Außerdem kümmere ich mich seit Kurzem um das Fundraising im TSE. Im Moment ist ein Spendenschreiben an die deutsche Botschaft in Dar es Salaam geplant. Die Botschaft bietet schon seit mehreren Jahren die Förderung von Kleinstprojekten an. Auf diese Förderung werde ich mich nun im Namen des TSE bewerben. Außerdem sind einige Spenderbriefe, bezüglich kleiner Geldspenden, nach Deutschland geplant und teilweise auch schon fertiggestellt und verschickt.
An jedem Monatsende hat das TSE eine „TSE Community Show“ aufgeführt. Eine Show bei der alle Kinder und Jugendlichen ihr Können, von Theater, über Musik bis hin zu Tanz, auf die Bühne gebracht haben. Die anfallenden Kosten, vor allem Essen und Getränke für Kinder und Zuschauer, wurden von den Spendengeldern des „Dogo Dogo Office“ gestützt. Da diese Gelder nun langsam zur Neige gehen, kann auch die „Community Show“ auf unbegrenzte Zeit nicht mehr stattfinden. Um die diese Show weiterhin finanzieren zu können, habe ich angefangen erste Spendenbriefe zu schreiben.

Das TSE hat wie eh und je Geldprobleme. Mein Sicht auf diese, anfänglich so aussichtslos erscheinende, Lage hat sich mit der Zeit jedoch geändert. Es gibt immer wieder Zeiten, in denen das TSE kein Geld hat, um kleinere oder größere Projekte selber zu finanzieren. Es gibt, wie ich in den letzten drei Monaten jedoch festgestellt habe, aber auch immer wieder Zeiten, in denen es anders ist und dem TSE Geld zur Verfügung steht. Nur die regelmäßige Sicherheit,dass immer und überall Geld vorhanden ist, ist nicht gegeben. Man plant, wie so vieles hier in Tansania, eher von einem Tag zum nächsten als lange in die Zukunft. An diese Situation, die für mich am Anfang große Unsicherheit bedeutete, habe ich mich inzwischen gewöhnt und ich bin gelassener geworden. Wenn man ein Projekt heute nicht umsetzen kann, dann macht man es eben morgen, wenn wieder Geld da ist. So haben die Kinder des TSE zum Beispiel vor Kurzem, mit Hilfe von gespendetem Geld des TSE Vorstands Erick, fünf Lieder in einem Studio aufnehmen können, die sie selbst geschrieben und komponiert haben. Es liegt nun ein fertiges Album vor, auf das alle Schüler sehr stolz sind.

Ein weiterer Punkt, den alle Mitglieder des TSE im Moment beschäftigt, ist der geplante Umzug, der jedoch nicht ohne Komplikationen verbunden ist. Das TSE war bis vor Kurzem gezwungen bis Ende Februar das jetzige Gelände zu verlassen und sich einen neuen Stellplatz zu suchen. Da das TSE diesen Umzug aus eigenen Mittel nicht stemmen kann, hat meine Entsendeorganisation „Kawaida e.V.“ einen Antrag auf Spendengelder geschrieben. Ob wir eine Zusage für diese Spendengelder bekommen erfahren wir jedoch erst Mitte bis Ende Februar. Die Zeitspanne für einen möglichen Umzug ist somit sehr knapp bemessen. Würden dem TSE die Spendengelder nicht bewilligt werden, stände meine Empfängerorganisation praktisch vor dem Aus. Nachdem diese eigentlich sehr kritische Situation erkannt wurde, haben wir nun mit den Vermietern nach langem Hin und Her eine Mietvertragsverlängerung von weiteren sechs Monaten vereinbaren können. Dies ist zwar nur eine Notlösung, da der jetzige Stellplatz des TSE schon seit Jahren zu klein ist, aber gewährt dem TSE wenigstens noch einen kleinen Aufschub. Wenn wir die Spendengelder nicht bewilligt bekommen, haben wir somit noch sechs Monate Zeit um uns um Alternativen zu bemühen. Ich habe mir vor einigen Tagen mit meinen Vorgesetzten neue alternative Plätze für das TSE angeschaut, die sich im selben Viertel wie das jetzige TSE-Haus befinden und von denen einer auch sehr geeignet scheint. Somit heißt es wieder einmal abwarten, hoffen dass Spendengelder bewilligt werden und der Umzug sogar noch in meine Zeit des Freiwilligenjahres fällt. Die Angst meine Arbeitsstelle während meines Jahres hier zu verlieren, hat sich nun natürlich nicht bestätigt, ist jedoch nur ein kleiner Trost.

Einer der wenigen Punkte, die mich bezüglich meiner Arbeit belastet, ist die Zusammenarbeit mit meinem Chef, die anfangs eigentlich recht gut verlief, sich jedoch aus meiner Sicht in eine negative Richtung entwickelt. Ich bekomme immer wieder mit, dass er mit meiner Arbeit eigentlich nicht zufrieden ist, wobei ich dies nie von ihm persönlich, sondern nur über andere Personen erfahre. Dieses Tatsache stört mich und ich hoffe,dass ich sie durch ein klärendes Gespräch beheben kann.

Insgesamt kann ich jedoch sagen,dass ich wirklich gerne zur Arbeit gehe. Es freut mich jeden Morgen ins TSE zu kommen und viele nun schon bekannte Gesichter wiederzusehen. Ich verstehe mich mit all meinen Kollegen gut und die anfangs vielen, mit großer Verantwortung beladenen Aufgaben, gehen mir leichter von der Hand. Ich bin an diesen Aufgaben gewachsen,habe aber auch gelernt,meine Fähigkeiten und Möglichkeiten bezüglich der Arbeit besser einzuschätzen. Wenn mir Aufgaben zugeteilt werden, die ich alleine nicht bewerkstelligen kann oder denen ich mich nicht verantwortlich oder gewachsen fühle, habe ich bemerkt,dass das Abgeben oder Weiterreichen von Aufgaben durchaus zu einem akzeptablen Arbeitsstil gehört. Ich fühle mich im TSE und dessen Umgebung wirklich wohl und es vermittelt mir eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Das TSE ist für mich aber seit geraumer Zeit auch ein Ort geworden, an dem ich mich mit Menschen treffen kann, mit denen ich gerne Zeit verbringe und die ich lieb gewonnen habe. So sehe ich nicht nur meine Kollegen und die Kinder dort, sondern es kommen mich auch häufiger andere Leute besuchen, nur um ein bisschen zu erzählen oder um mich zu sehen. Diese Verbindung zwischen Arbeit und Freizeit begegnet mir hier in Tansania viel häufiger als in Deutschland, worum ich jedoch sehr froh bin. Denn auch wenn mein Arbeitstag offiziell um 18 Uhr abends endet, bin ich häufig erst zwischen 19 oder 20 Uhr zu Hause und habe dann einfach keine Zeit oder Kraft mehr mich mit Bekannten oder Freunden zu treffen.

Ich bin nun ein halbes Jahr hier, die zweite Hälfte meines Freiwilligenjahres beginnt. Somit kommt natürlich, so sehr ich mich gedanklich im Moment auch in Tansania befinde, immer wieder die Frage nach der Zukunft auf. Wie wird es sein wenn ich wieder nach Deutschland komme? Möchte ich studieren oder noch ein Jahr lang etwas anderes machen? Die Frage, wie es wird, wenn ich wieder in Deutschland bin, taucht häufiger auf, als in den ersten drei Monaten.Im Moment spiele ich mit dem Gedanken mich schon für dieses Jahr für ein Studienplatz im Fach Psychologie zu bewerben, um ein Ziel und eine Aufgabe zu haben, wenn ich wieder in Deutschland ankomme.