Montag, 27. Mai 2013

Weltwärtsbericht Nr.3

Weltwärtsbericht Nr. 3 Paula Högermeyer
06.02.2013 – 06.05.2013

Ich lebe nun seit fast 10 Monaten in Dar es Salaam, Tansania. Und auch in den letzten drei Monaten hat sich wieder viel verändert und getan.
Meine Arbeitsstelle, das „Talent Search and Empowerment“, hat Besuch von einem Theaterregisseur aus Hamburg bekommen. Es soll ein Projekt auf die Beine gestellt werden, was Aufführungen in Tansania und Deutschland zum Ziel hat. Es fand ein dreiwöchiges Training statt und es wurde entschieden, dass drei Lehrer sowie vier Schüler des TSE die Chance erhalten im Oktober diesen Jahres für drei Wochen nach Deutschland zu reisen und das Ergebnis des Theaterprojekts mit Jugendlichen aus Hamburg gemeinsam zu präsentieren. Während des Trainings hier vor Ort wurde als erstes über das Thema des Projektes, wo, wann und warum fühlt man sich zu Hause, diskutiert. Anschließend wurden auf Grundlage eines Theaterstückes, was ich im voraus zusammen mit der Theaterlehrerin Aisha zusammen erstellt habe, erste Szenen erprobt und gefilmt. Im September wird der Theaterregisseur ein weiteres Mal nach Dar es Salaam kommen, um die Szenen zu einer Theatercollage zusammenzustellen. Im Oktober werden die Schüler und Lehrer des TSE dann nach Deutschland reisen. Bis September sollen wir hier in Dar es Salaam ein selbstständiges Training etablieren, was zwei Mal die Woche stattfinden wird. Für die Mitglieder des TSE ist es eine unglaublich tolle Chance nach Deutschland reisen zu können und ich habe mich wirklich sehr für alle gefreut. Auch meine Situation hat sich im Zuge des Projektes nochmals verändert. Ich habe während der Proben als Übersetzerin fungiert, was mir wirklich Spaß gemacht hat. Ich habe viel Kiswahili dazugelernt, habe aber auch bemerkt, was ich in den letzten 10 Monaten schon alles gelernt habe. Auch in Deutschland werde ich in Hamburg Teil des Projektes sein und weiter übersetzen. In diesem Zuge habe ich die Chance bekommen meine Zeit hier in Tansania um einen Monat zu verlängern.
Ich werde nun nicht wie geplant Ende August sondern erst Anfang Oktober mit allen Tansaniern zusammen nach Deutschland reisen. Somit erlebe ich die gesamte Zeit des Projektes mit und kann außerdem die Tansanier beim Fliegen begleiten. Bis Oktober werden wir nun weiterhin proben und außerdem noch separate Aufführungen abhalten, in der wir das ursprüngliche Theaterstück „Nyumbani ni wapi“, erstellt von Aisha und mir, aufführen werden. Bei den jeweiligen Aufführungen werde ich dann Fotos machen und Interviews mit den Leuten aus dem Publikum führen, um anschließend Evaluationen über die Aufführungen zu schreiben. Im Moment sind bis Oktober noch 6 Aufführungen geplant. Die nächsten zwei werden in einem befreundeten Jugendzentrum sowie in dem Kunst- und Kulturzentrum „Nafasi Art Space“ stattfinden.

Auch mit meiner sonstigen Arbeit im TSE bin ich sehr zufrieden. Ich unterrichte weiterhin Englisch, habe morgens zwei Einzelschülerinnen und unterrichte nachmittags eine größere Gruppe. Die Fortschritte der Einzelschülerinnen sind jedoch um einiges größer als die der Gruppenschüler. Bei den Mädchen, die ich morgens unterrichte habe ich wirklich das Gefühl, ihnen etwas beizubringen und eine Entwicklung zu beobachten. Der Nachmittagsunterricht fällt doch häufiger aus, es kommen nicht alle Schüler, man muss immer wieder von Neuem beginnen oder tritt auf der Stelle. Trotzdem möchte ich nicht aufgeben und werde versuchen den Unterricht weiterzuführen.

Auch mit der Entwicklung des Theaterunterricht bin ich sehr zufrieden und im Zuge des Theaterprojekts konnte ich genau das machen, was ich mir hier für meine Zeit in Tansania erwünscht habe. Aisha und ich haben uns im Vorhinein zusammengesetzt und haben zum Thema „Wo ist zu Hause“ ein eigenes Theaterstück auf die Beine gestellt, wobei wir mit dem Musiklehrer Oliver kooperiert haben und schließlich eine tolles Theaterstück mit einigen Liedern und Trommeleinlagen entstanden ist. Die Erstellung des Stücks und die anschließende Arbeit mit den Jugendlichen hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht. Im Moment plane ich ein weiteres Theaterstück, was auf der Grundlage des Romans „ Der Chronist der Winde“ von Henning Mankell entstehen soll. Das Skript habe ich schon fertig geschrieben nur mit den Proben konnte noch nicht begonnen werden. Im Moment befinden wir uns mitten in der Regenzeit und das Training im TSE wird immer wieder durch Regen, Matsch und riesige Wasserpfützen auf dem Hof unterbrochen. Nächste Woche werde ich dann in den Urlaub fahren und darum werden die Proben wohl erst Mitte Mai beginnen. Obwohl ich meine Zeit hier gerade erst verlängert habe, wird mir immer mehr bewusst, dass mir nicht mehr unbegrenzt Zeit bleibt um Projektideen umzusetzen. Die Zeit in der ich wirklich noch im TSE arbeiten werde, schwindet schneller als gedacht.

Den Monat April habe ich außerdem alleine im Office des TSE gearbeitet, da die Sekretärin Haika für einen Monat Ferien hatte. Ich habe morgens das Office aufgeschlossen, habe mich um Büroangelegenheiten gekümmert, habe Einnahmen und Ausgaben koordiniert und war für die Kinder zuständig, die morgens ins TSE gekommen sind. Da meine Kollegin, mit der ich in dieser Zeit zusammen arbeiten sollte, krank war, habe ich wirklich über mehrere Wochen ganz alleine gearbeitet. Letztendlich bin ich aus dieser Zeit wirklich gestärkt heraus gegangen und es hat mich nochmal mehr mit meiner Arbeitsstelle verbunden. Ich fühle mich nun wirklich als vollwertige Arbeitskraft und trage sehr viel Verantwortung. Genau dieser Punkt ist einerseits sehr schön und ich merke, dass ich nun mit Situationen gut umgehen kann, die mich vor 10 Monaten noch überfordert haben. Ich bin als sprichwörtlich an meinen „Aufgaben gewachsen“. Andererseits zweifel ich auch noch manchmal an meiner Rolle im TSE. Das Ziel des Freiwilligendienstes sollte es eigentlich sein, den Freiwilligen an einem selbstständigen Projekt als eine Art Praktikant mitarbeiten zu lassen. Meine Rolle als Praktikantin hat sich jedoch mit der Zeit immer mehr verschoben. Mir wird sehr viel Verantwortung zugesprochen und die Frage, ob das TSE selbstständig und ohne Freiwilligen weiterarbeiten könnte, kann ich nicht mit einem Sicherem „ja“ beantworten. Genau diese Abhängigkeit von einer Person, die für ein Jahr aus dem Ausland kommt, im Projekt arbeitet und danach aber auch wieder abreist, soll nicht entstehen. Dies ist jedoch schwerer gesagt als getan. Das TSE hat seit seiner Gründung jedes Jahr einen Freiwilligen gehabt und wahrscheinlich haben sich schon alle an diese Situation gewöhnt.
Auch außerhalb meiner Arbeit geht es mir sehr gut in Tansania. Ich fühle mich in der einst so fremden Kultur sehr wohl und integriert. Vieles ist für mich selbstverständlich geworden. Ich bin zu allen Gästen höflich und zuvorkommend und bete sie sofort herein, ich esse eigentlich nie alleine, teile das was ich habe, habe Respekt vor Älteren und behandle sie dementsprechend höflich. Außerdem habe keine Bedenken mehr auch mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen und mich lange mit ihnen zu unterhalten. Andererseits gibt es auch immer wieder Sachen, die mir auch noch nach 10 Monaten fremd sind. Ob sich das irgendwann ändern wird, weiß ich nicht genau. Ich freue mich auf die knapp 5 Monate die mir hier in Tansania noch bleiben und hoffe auf weitere schöne Momente bei der Arbeit und mit den vielen netten Leuten, die ich hier in den letzten 10 Monaten kennengelernt habe.


Neuigkeiten aus dem April

Die Abstände zwischen den Blogeinträgen werden immer größer.Trotzdem habe ich euch noch nicht vergessen. Da nun schon ein Monat ohne Meldung vergangen ist, bringe ich euch erstmal auf den neusten Stand. Hier ein paar Neuigkeiten aus dem Monat April:

Bei euch kehrt hoffentlich nach dem langen Winter langsam der Frühling ein. Bei mir hier in Tansania ist es genau anders herum. Der Herbst kommt. Den kann man natürlich nicht mit dem Herbst in Deutschland vergleichen,da es weiterhin warm ist. Trotzdem gibt es viele verregnete Tage, die Sonne scheint nicht mehr nur noch vom blauen Himmel und auch hier merkt man,dass es etwas kühler wird. Statt wie im Dezember dem heißesten Monat, ist es tagsüber nicht mehr um die 40 Grad, sondern um die 30 Grad und nachts sogar nur um die 20 Grad, sodass ich anfange mir einen Pulli anzuziehen und wieder mit einer Decke schlafe. Ja, erstaunlich aber wahr. Bei 20 Grad fange ich an bitterlich zu frieren. Für Deutschland muss ich mir also nochmal einen Überlebensstrategie ausdenken.

Zu einer anderen Frage: Was ist im Monat April alles in Tansania passiert? Der Theaterregisseur mit dem das TSE drei Wochen lang zusammen gearbeitet hat, ist wieder nach Deutschland abgereist und hat große Aufgaben für mich, die anderen Lehrer und die Kinder hinterlassen. Der Regisseur will im September kommen und das Projekt dann hier in Tansania fertigstellen. Bis dahin sollen wir uns einen eigenen Probenraum mieten, zwei Mal die Wochen mit den Kindern Theaterproben veranstalten, die im Oktober nach Deutschland fliegen, sollen Pässe und Visa für alle organisieren, sollen noch 6 seperate Shows veranstalten und ich soll darüber Evaluationen und Interviews abhalten. Es gibt also neben dem normalen TSE- Alltag eine Menge zu tun. Im Monat April sollten wir in diese Pläne schon voll einsteigen, wir hatten aber einige Schwierigkeiten und es gab doch noch viele ungeklärte Fragen, sodass wir in diesem Monat nicht wirklich viel geschafft haben. Nun geht es aber langsam vorran. Die erste Probe hat stattgefunden, ein Probenraum soll noch diese Woche gemietet werden. Außerdem haben wir diese Woche noch drei Shows, bei denen die Kinder des TSE unter anderem im "Nafasi Art Space", einem Kultur- und Kunstzentrum, bei uns in der Nähe auftreten. Über dieses Angebot haben sich alle sehr gefreut.

Ansonsten geht der normale wuselige Alltag im TSE weiter, obwohl sich diesen Monat meine Arbeitsbedingungen ein bisschen verändert haben. Die Sekretärin des TSE macht einen Monat Ferien und somit bin ich zusätzlich dafür zuständig das TSE morgens aufzuschließen, das Office aufzuräumen, auf das Equipment aufzupassen und die ganzen anderen Büroarbeiten zu erledigen. Anfang des Monats hatte ich ein bisschen Bedenken, ob ich das wirklich alles alleine schaffe, aber nun hat sich alles gut eingespielt und die Arbeit macht mir Spaß. So sehr mir die Arbeit Spaß macht, bekomme ich trozdem manchmal noch Zweifel über meine Rolle im TSE. Als Freiwillige habe ich eigentlich die Position einer Praktikantin, kann mich mit in die Arbeit einbringen, sollte aber eben nur soviel Verantwortung übernehmen, dass das Projekt auch jederzeit ohne mich weiterbestehen kann. Diese Rolle hat sich mit der Zeit sehr verschoben. Im Moment schließe ich das Office morgens auf und abends wieder zu, kümmere mich um die Einnahmen und Ausgaben des TSE und trage selber Entscheidung darüber ob etwas für das TSE gekauft werden soll oder nicht. All diese Aufgaben sollten mir eigentlich gar nicht zugesprochen werden. Dies bedeutet nicht, dass mir meine Rolle im TSE nicht gefällt oder das ich mich mit diesen Aufgaben überfordert fühle. Das Ziel eines Freiwilligendienstes verfolge ich damit aber trotzdem nicht. Das Projekt sollte eben nicht abhängig von seinen Freiwilligen sein und jeder Zeit auch auf eigenen Beinen stehen können. Manchmal habe ich im TSE das Gefühl, dass dies nicht mehr der Fall ist. Seit seiner Gründung waren jedes Jahr neue Freiwillige da und irgendwie haben sich schon alle zu sehr an diese Situtation gewöhnt.

Ansonsten bin ich letztes Wochenende mit meiner Mitbewohnerin Lotta nach Iringa gefahren, eine Stadt im Süden Tansanias. Dort haben wir uns ein Kinderdorf angeschaut, in dem eine deutsche Freiwillige arbeitet. Es war wirklich interessant zu erfahren, wie der Alltag in so einem Dorf aussieht. Vieles hat sehr an ein deutsches Kinderheim erinnert. Die Kinder wohnen nach Geschlecht und Alter geteilt in verschiedenen Wohngruppen zusammen und haben zugesprochene Betreuer, mit denen sie zusammen in einem Haus leben. Den Kindern wird die Möglichkeit geboten zur Schule zu gehen, nachmittags bekommen sie Nachhilfe und es werden verschiedene Aktivitäten angeboten. Am Sonntag geht es für alle in die Kirche. Außerdem hat das Kinderdorf einen eigenen kleinen Bauernhof mit Tieren und einen großen Gemüsegarten, ist also selbstversorgend. Lotta und ich haben nach der Großstadtatmosphäre in Dar es Salaam vorallem mal wieder die schöne Natur um uns herum genossen.

Das waren also mal wieder ein paar Neuigkeiten aus dem Monat April. Ich hoffe ihr lasst es euch allen gut gehen und müsst nicht mehr allzu lange auf die ersten richtigen Sommertage warten.