Montag, 19. November 2012

Und weil ich gerade so viel Zeit habe und das Internet so schnell ist, kommt hier nun noch ein Foto. Ihr seht links meine Mitbewohnerin Lotta und in der Mitte unsere neue Mitbewohnerin Insa. Sie hat eigentlich als Freiwillige in Burundi gearbeitet,hat sich nun aber doch nochmal umentschieden und lebt nun bald bei meinen Mitfreiwilligen Neele und Sebastian und wird hier in einer Primary School unterrichten. Wir waren am Wochenende alle zusammen in Bunju bei unseren Mitfreiwilligen und haben in deren neuen Hängematte das schöne Wetter genossen.

Weltwärtsbericht Nr. 1

Da ich meinen Aufenthalt hier über "Weltwärts" organisiere, muss ich alle drei Monate einen Bericht über die Entwicklung meiner Arbeit, meines Lebens und meinen Erfahrungen hier vor Ort schreiben. Den Bericht zu schreiben, halte ich für sehr sinnvoll, da es mir selber geholfen hat, meine Erfahrungen und Erlebnisse der ersten drei Monate hier zu reflektieren und mir meine eigene Entwicklung vor Augen zu führen. Ich habe beschlossen, den Bericht auch für euch, meine lieben Blogleser, online zu stellen. Viel Spaß beim Lesen! Über Feedback, per Email oder Facebook, würde ich mich sehr freuen.


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Weltwärtsbericht von Paula Högermeyer
06.08.2012 bis zum 06.11.2012

Ich wohne nun seit drei Monaten in Dar es Salaam und arbeite in dem Jugendzentrum „Talent Search and Empowerment“. Innerhalb dieser drei Monate hat sich viel getan, verändert und entwickelt. Nachdem ich mit meinen Mitfreiwilligen Carlotta, Neele und Philipp am Flughafen von Dar es Salaam ankam, war die anfängliche Unsicherheit die zu Hause noch oft präsent war, erst einmal wie weggeblasen und die Fahrt vom Flughafen zu unserer neuen Wohnung hat mich sehr fasziniert. Mir erschloss sich eine komplett neue Welt und in den ersten Tagen war ich begeistert davon.

In den nächsten Wochen wurde mir jedoch die Tragweite meiner Entscheidung bewusst. Ich würde ein Jahr lang nicht in meinem gewohnten Umfeld leben und muss von der Sprache bis zu den Umgangsformen alles neu lernen. Diese Gedanken und die Unsicherheit, ob ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte, führte dazu, dass eine Phase anbrach, in der ich mir meiner Entscheidung ein Jahr in Tansania zu leben sehr unsicher wurde.

Auch mit meiner Arbeit ging es erstmal schleppend voran. Das „Talent Search and Empowerment“ hat massive Geldprobleme und ist trotzdem gezwungen nächstes Jahr umzuziehen, da der Mietvertrag ausläuft. Wie der Umzug bewältigt werden soll steht bis heute nicht fest. Mir stellte sich die Frage, ob es überhaupt möglich sein würde, unter solchen Umständen zu arbeiten.Trotzdem wurde ich von allen Schülern sowie Mitarbeitern des TSE herzlich empfangen und aufgenommen. Ich stellte jedoch schnell fest, dass das TSE nicht nur Arbeitsplatz ist, sondern auch ein Platz, an dem sich ein Freundeskreis trifft, der sich schon seit vielen Jahren kennt. Natürlich braucht es Zeit, seinen Platz in diesem Freundeskreis zu finden.

In kurzer Zeit wurde mir sehr viel Verantwortung zugesprochen, die mich zwar nicht überforderte, ich mir aber die Frage stellte, warum gerade ich, als die neue Praktikantin, Aufgaben solcher Tragweite übernehmen muss. Somit wurde ich gerade mit der Arbeit im Office schnell vertraut. Ich hatte das Gefühl, Probleme des TSE zu erkennen, aber nicht in der Position zu sein, sie alleine lösen zu können. Als der deutsche Mitbegründer des TSE und Mitglied von meiner Endsendeorganisation,Paul, nach Tansania kam, hat sich die Situation für mich positiv verändert und wir haben versucht gemeinsam Lösungsansätze zu finden.Nach einer weiteren Besprechung mit den Gründern des TSE stellt sich jedoch heraus, dass sie von mir erwarteten, meine teils passive Beobachterrolle im TSE vollends aufzugeben, um voll in die Arbeit einzusteigen. In diesem Moment fühlte ich mich doch etwas überfordert.

Als meine Vorgängerin Franziska noch hier war und ich drei Wochen mit ihr zusammen verbracht habe, habe ich mitbekommen, dass sie gerade am Anfang große Probleme mit unserem Chef Alfred hatte.Von daher bin ich vorbelastet mit ihm in die Arbeit gegangen. Bis jetzt komme ich jedoch gut mit ihm zurecht, worüber ich sehr froh bin, da es mir die Arbeit im TSE erleichtert. Auch mit den anderen Mitbegründern Paul und Erik komme ich gut aus. Mit den Lehrern des TSE ist es ein eher freundschaftliches Verhältnis, da sie nur wenige Jahre älter sind als ich. Alle sind sehr bemüht mir die Sprache beizubringen und haben mich herzlich aufgenommen.

Die Sprache zu verstehen und zu sprechen, ist mir am Anfang natürlich sehr schwer gefallen. Meine Mitbewohnerin Carlotta konnte von Anfang an mehr Kiswahili als ich und somit habe ich das Sprechen häufig ihr überlassen. Langsam habe ich mich dann an die Sprache herangetastet, verstand aber immer noch nicht viel, was gerade meine Arbeit im TSE extrem erschwert hat. Als ich im Oktober jedoch zwei Wochen im Urlaub war, habe ich sehr viel gelernt. Carlotta, Neele und ich haben uns gegenseitig geholfen und das hat sich sehr positiv auf mein Kiswahili ausgewirkt. Seitdem verstehe ich viel mehr und ich lerne jeden Tag viele neue Wörter und Grammatik dazu. Vorher hatte ich das Gefühl, mit meiner Sprachentwicklung auf der Stelle zu stehen. Was sich außerdem verändert hat, ist die Tatsache, dass ich Gespräche nicht mehr vermeide, sondern sie aufsuche um noch mehr zu lernen. Zwar lerne ich langsam,aber die Tatsache, dass ich mich jeden Tag in kleinen Schritten verbessere, gibt mir ein positives Gefühl. Ich bin nun an dem Punkt angelangt,an dem ich mich mit allen Leuten um mich herum gut verständigen kann und nur noch einzelne Wörter nachfragen muss. Der Kontext der Gespräche ist mir jedoch immer klar.

Zum Schluss möchte ich von meiner jetzigen Situation berichten, die sich sehr von der der ersten zwei Monate unterscheidet. Es geht mir gut hier. Ich habe das Gefühl, nach den anfänglichen Schwierigkeiten, nach drei Monaten nun endlich angekommen zu sein. Ich unterhalte mich viel auf Kiswahili, bin am Wochenende viel unterwegs, kenne mich in der Stadt besser aus und verstehe mich mit all meinen Mitfreiwilligen gut. Nachdem ich aus meinem Urlaub zurückgekommen bin, läuft es mit dem Kiswahili besser, was sich auch positiv auf meine Arbeit auswirkt. Ich fühle mich in einer Welt wohl, die mir vor drei Monaten noch völlig fremd war. Der Gedanke nun wieder nach Deutschland zurückfliegen zu müssen, fühlt sich falsch an und ich bin froh, hier noch viel Zeit verbringen zu können. Im Moment stellt sich hier für mich so etwas wie ein Alltag ein. Das lässt sich wohl auch am anderen Ende der Welt nicht vermeiden. Trotzdem ist es auch nochmal eine Bestätigung für mich angekommen zu sein.

Außerdem bin ich mit der Entwicklung meines Sprachunterrichts im TSE sehr zufrieden. Ich unterrichte zweimal die Woche Englisch und einmal die Woche Deutsch. Ich habe meinen Unterricht nun besser strukturiert, führe ein Klassenbuch in dem ich eintrage wer zum Unterricht erscheint und was wir an dem Tag geschafft haben. Mein bis jetzt größter Erfolg war es, den Kindern Hefte zu kaufen in die sie schreiben können und die ich am Ende des Unterrichts wieder einsammle. Da vorher alle nur auf lose Zettel geschrieben haben, war mein Unterricht nicht sehr nachhaltig und es sind häufig nur wenige Schüler gekommen. Seit es die Hefte gibt, wissen alle was sie geschafft haben und es kommen viel mehr Schüler zum Unterricht. Außerdem habe ich beschlossen eine Art Belohnungssystem einzuführen, sodass der Schüler, der am Ende des Monats den Unterricht am häufigsten besucht hat, eine kleine Überraschung bekommt. Neben dem Sprachunterricht, bin ich im Moment mit vielen Aufgaben im Office des TSE beschäftigt. Ich bin dafür zuständig, dass ich am Ende des Monats die Berichte der Lehrer des TSE vom Kiswahili ins Englische übersetze. Außerdem setze ich mich mit den Sponsoren des TSE auseinander. Da das TSE im Moment große Geldprobleme hat, sind wir mehr denn je auf diese Spendengelder angewiesen. Das „Dogo Dogo Center“ ist einer dieser Sponsoren. Es ist ein Internat für ehemalige Straßenkinder. Dort haben die Jugendlichen die Möglichkeit eine Ausbildung zu absolvieren um spätere bessere Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten. Das „Dogo Dogo Center“ ist jedoch selbst auf Spenden angewiesen, von denen es aber immer einen Teil an das TSE abgeben hat. Da nun der Sponsoren des „Dogo Dogo Centers“ weggefallen ist, bekommt auch das TSE keine Spenden mehr. Wir haben nun noch einen Restbetrag von 800.000 Ths bekommen, was umgerechnet etwa 400 Euro sind. Somit kann das TSE zwar akute Probleme beheben, aber die grundsätzliche finanzielle Problemlage ist nicht gelöst. Die Leiter des TSE haben sich hier vor Ort um ansässige Spender bemüht. Wir haben jedoch keine Zusagen bekommen. Meine Endsendeorganisation bemüht sich nun um Spendengelder aus Deutschland, damit die Unkosten und vor allem der Umzug des TSE nächstes Jahr bewerkstelligt werden kann. Auf die Zusage der Spendengelder müssen wir jedoch noch bis Februar 2013 warten.

Seit Neustem steht das TSE in einem gegenseitigen Kontakt mit dem „Jugendclub Burgwedel“ in Hamburg. Ich bin dafür zuständig, dass der Briefkontakt zwischen den Kindern der Jugendzentren aufrecht erhalten bleibt. Somit habe ich mich vor Kurzem mit den Kindern des TSE zusammen gesetzt, wir haben Briefe an die Kinder nach Hamburg geschrieben und Fotos gemacht. Im Moment warten wir auf eine Antwort. Außerdem plant das TSE einen Austausch mit dem Jugendclub Hamburg. Diese Idee steht im Moment jedoch noch in den Kinderschuhen und man muss abwarten, wie sich das TSE in den nächsten Monaten finanziell entwickelt.

Wenn ich meinen Blick in die Zukunft wende, möchte ich auf jeden Fall den Theaterunterricht im TSE weiter vorantreiben. Es gibt Kinder die ein großes Potential haben und allen macht der Unterricht Spaß. Für mich ist es momentan noch relativ schwierig am Unterricht aktiv teilzunehmen, da es schon eine Theaterlehrerin im TSE gibt und ich außerdem das Gefühl habe, dass meine Sprachkenntnisse für den Unterricht noch nicht ausreichen sind. Mir ist bewusst geworden, wie sehr man bei der Theaterarbeit auf die Sprache und deren Ausdrucksmöglichkeiten angewiesen ist. Das Ziel eigenen Theaterunterricht auf die Beine zu stellen, war sehr hoch gesetzt, was mir erst jetzt wirklich bewusst wird. Trotz dessen ist es mein langfristiges Ziel ist es ein eigenes Theaterstück mit den Kindern zu erarbeiten indem von der Idee bis zur Requisite alles selber gemacht wird. Für die Zukunft des TSE ist es natürlich existenziell wichtig, dass wir im März die Möglichkeit bekommen umzuziehen, da es sonst schlecht um die Zukunft meiner Arbeitsstelle steht. Am Anfang hat es mich sehr gestört, dass ich eine Arbeitsstelle habe, deren Zukunft so ungewiss ist. Ich bin jedoch an dem Punkt angelangt, wo ich für den Moment versuche, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die mir gegeben sind,um den Kindern eine gute Lern- und Spielatmosphäre bieten zu können.