Weltwärtsbericht Nr. 3 Paula
Högermeyer
06.02.2013 – 06.05.2013
Ich lebe nun seit fast 10
Monaten in Dar es Salaam, Tansania. Und auch in den letzten drei
Monaten hat sich wieder viel verändert und getan.
Meine Arbeitsstelle, das
„Talent Search and Empowerment“, hat Besuch von einem
Theaterregisseur aus Hamburg bekommen. Es soll ein Projekt auf die
Beine gestellt werden, was Aufführungen in Tansania und Deutschland
zum Ziel hat. Es fand ein dreiwöchiges Training statt und es wurde
entschieden, dass drei Lehrer sowie vier Schüler des TSE die Chance
erhalten im Oktober diesen Jahres für drei Wochen nach Deutschland
zu reisen und das Ergebnis des Theaterprojekts mit Jugendlichen aus
Hamburg gemeinsam zu präsentieren. Während des Trainings hier vor
Ort wurde als erstes über das Thema des Projektes, wo, wann und
warum fühlt man sich zu Hause, diskutiert. Anschließend wurden auf
Grundlage eines Theaterstückes, was ich im voraus zusammen mit der
Theaterlehrerin Aisha zusammen erstellt habe, erste Szenen erprobt
und gefilmt. Im September wird der Theaterregisseur ein weiteres Mal
nach Dar es Salaam kommen, um die Szenen zu einer Theatercollage
zusammenzustellen. Im Oktober werden die Schüler und Lehrer des TSE
dann nach Deutschland reisen. Bis September sollen wir hier in Dar es
Salaam ein selbstständiges Training etablieren, was zwei Mal die
Woche stattfinden wird. Für die Mitglieder des TSE ist es eine
unglaublich tolle Chance nach Deutschland reisen zu können und ich
habe mich wirklich sehr für alle gefreut. Auch meine Situation hat
sich im Zuge des Projektes nochmals verändert. Ich habe während der
Proben als Übersetzerin fungiert, was mir wirklich Spaß gemacht
hat. Ich habe viel Kiswahili dazugelernt, habe aber auch bemerkt, was
ich in den letzten 10 Monaten schon alles gelernt habe. Auch in
Deutschland werde ich in Hamburg Teil des Projektes sein und weiter
übersetzen. In diesem Zuge habe ich die Chance bekommen meine Zeit
hier in Tansania um einen Monat zu verlängern.
Ich werde nun nicht wie
geplant Ende August sondern erst Anfang Oktober mit allen Tansaniern
zusammen nach Deutschland reisen. Somit erlebe ich die gesamte Zeit
des Projektes mit und kann außerdem die Tansanier beim Fliegen
begleiten. Bis Oktober werden wir nun weiterhin proben und außerdem
noch separate Aufführungen abhalten, in der wir das ursprüngliche
Theaterstück „Nyumbani ni wapi“, erstellt von Aisha und mir,
aufführen werden. Bei den jeweiligen Aufführungen werde ich dann
Fotos machen und Interviews mit den Leuten aus dem Publikum führen,
um anschließend Evaluationen über die Aufführungen zu schreiben.
Im Moment sind bis Oktober noch 6 Aufführungen geplant. Die nächsten
zwei werden in einem befreundeten Jugendzentrum sowie in dem Kunst-
und Kulturzentrum „Nafasi Art Space“ stattfinden.
Auch mit meiner sonstigen
Arbeit im TSE bin ich sehr zufrieden. Ich unterrichte weiterhin
Englisch, habe morgens zwei Einzelschülerinnen und unterrichte
nachmittags eine größere Gruppe. Die Fortschritte der
Einzelschülerinnen sind jedoch um einiges größer als die der
Gruppenschüler. Bei den Mädchen, die ich morgens unterrichte habe
ich wirklich das Gefühl, ihnen etwas beizubringen und eine
Entwicklung zu beobachten. Der Nachmittagsunterricht fällt doch
häufiger aus, es kommen nicht alle Schüler, man muss immer wieder
von Neuem beginnen oder tritt auf der Stelle. Trotzdem möchte ich
nicht aufgeben und werde versuchen den Unterricht weiterzuführen.
Auch mit der Entwicklung
des Theaterunterricht bin ich sehr zufrieden und im Zuge des
Theaterprojekts konnte ich genau das machen, was ich mir hier für
meine Zeit in Tansania erwünscht habe. Aisha und ich haben uns im
Vorhinein zusammengesetzt und haben zum Thema „Wo ist zu Hause“
ein eigenes Theaterstück auf die Beine gestellt, wobei wir mit dem
Musiklehrer Oliver kooperiert haben und schließlich eine tolles
Theaterstück mit einigen Liedern und Trommeleinlagen entstanden ist.
Die Erstellung des Stücks und die anschließende Arbeit mit den
Jugendlichen hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht. Im Moment
plane ich ein weiteres Theaterstück, was auf der Grundlage des
Romans „ Der Chronist der Winde“ von Henning Mankell entstehen
soll. Das Skript habe ich schon fertig geschrieben nur mit den Proben
konnte noch nicht begonnen werden. Im Moment befinden wir uns mitten
in der Regenzeit und das Training im TSE wird immer wieder durch
Regen, Matsch und riesige Wasserpfützen auf dem Hof unterbrochen.
Nächste Woche werde ich dann in den Urlaub fahren und darum werden
die Proben wohl erst Mitte Mai beginnen. Obwohl ich meine Zeit hier
gerade erst verlängert habe, wird mir immer mehr bewusst, dass mir
nicht mehr unbegrenzt Zeit bleibt um Projektideen umzusetzen. Die
Zeit in der ich wirklich noch im TSE arbeiten werde, schwindet
schneller als gedacht.
Den Monat April habe ich
außerdem alleine im Office des TSE gearbeitet, da die Sekretärin
Haika für einen Monat Ferien hatte. Ich habe morgens das Office
aufgeschlossen, habe mich um Büroangelegenheiten gekümmert, habe
Einnahmen und Ausgaben koordiniert und war für die Kinder zuständig,
die morgens ins TSE gekommen sind. Da meine Kollegin, mit der ich in
dieser Zeit zusammen arbeiten sollte, krank war, habe ich wirklich
über mehrere Wochen ganz alleine gearbeitet. Letztendlich bin ich
aus dieser Zeit wirklich gestärkt heraus gegangen und es hat mich
nochmal mehr mit meiner Arbeitsstelle verbunden. Ich fühle mich nun
wirklich als vollwertige Arbeitskraft und trage sehr viel
Verantwortung. Genau dieser Punkt ist einerseits sehr schön und ich
merke, dass ich nun mit Situationen gut umgehen kann, die mich vor 10
Monaten noch überfordert haben. Ich bin als sprichwörtlich an
meinen „Aufgaben gewachsen“. Andererseits zweifel ich auch noch
manchmal an meiner Rolle im TSE. Das Ziel des Freiwilligendienstes
sollte es eigentlich sein, den Freiwilligen an einem selbstständigen
Projekt als eine Art Praktikant mitarbeiten zu lassen. Meine Rolle
als Praktikantin hat sich jedoch mit der Zeit immer mehr verschoben.
Mir wird sehr viel Verantwortung zugesprochen und die Frage, ob das
TSE selbstständig und ohne Freiwilligen weiterarbeiten könnte, kann
ich nicht mit einem Sicherem „ja“ beantworten. Genau diese
Abhängigkeit von einer Person, die für ein Jahr aus dem Ausland
kommt, im Projekt arbeitet und danach aber auch wieder abreist, soll
nicht entstehen. Dies ist jedoch schwerer gesagt als getan. Das TSE
hat seit seiner Gründung jedes Jahr einen Freiwilligen gehabt und
wahrscheinlich haben sich schon alle an diese Situation gewöhnt.
Auch außerhalb meiner
Arbeit geht es mir sehr gut in Tansania. Ich fühle mich in der einst
so fremden Kultur sehr wohl und integriert. Vieles ist für mich
selbstverständlich geworden. Ich bin zu allen Gästen höflich und
zuvorkommend und bete sie sofort herein, ich esse eigentlich nie
alleine, teile das was ich habe, habe Respekt vor Älteren und
behandle sie dementsprechend höflich. Außerdem habe keine Bedenken
mehr auch mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen und mich lange
mit ihnen zu unterhalten. Andererseits gibt es auch immer wieder
Sachen, die mir auch noch nach 10 Monaten fremd sind. Ob sich das
irgendwann ändern wird, weiß ich nicht genau. Ich freue mich auf
die knapp 5 Monate die mir hier in Tansania noch bleiben und hoffe
auf weitere schöne Momente bei der Arbeit und mit den vielen netten
Leuten, die ich hier in den letzten 10 Monaten kennengelernt habe.
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